Berater Baumeister: “Pro-aktiv seine Nachfolge gestalten”

Warum das Thema Nachfolge im deutschen Mittelstand eine volkswirtschaftliche Dimension hat und wie Unternehmen der Herausforderung begegnen können, erklärt Berater Josef X. Baumeister im Interview.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Ihr Fokus als Berater liegt auf dem Thema Unternehmensnachfolge. Was können Sie Ihren Kunden an Unterstützung liefern?
Wir konzentrieren uns als Management-Beratung auf den inhabergeführten Mittelstand und hierbei speziell auf die Begleitung von Familie und Unternehmen in allen wichtigen Phasen der Neuausrichtung: Nachfolge, Wachstum, Internationalisierung sowie Krise. Ergänzt um den steigenden Innovations- und Kostendruck, Digitalisierung und begrenzte Management- und Kapitalressourcen gewinnt professionelles Change-Management an Bedeutung. Viele Führungskräfte wissen noch zu wenig über die zeitnahe Umsetzung und Betreuung von komplexen Veränderungsprozessen. Unsere Beratungsfelder sind die Kernfragen des Managements von Unternehmen und Familie: Nachfolge, Strategie, Finanzierung, Unternehmenssteuerung und Organisation. In unserer individuellen Unterstützung und Begleitung sowie durch unseren ganzheitlichen Ansatz sichern wir die Unabhängigkeit als Familienunternehmen und stärken die Wettbewerbsfähigkeit im Markt .Gerade im Nachfolgeprozess sind uns die individuellen Vorstellungen und persönlichen Ziele unserer Unternehmerkunden wichtig. Hier unterstütze ich den Prozess als unabhängiger externer Begleiter und Moderator bei der Findung einer tragfähigen Lösung. In ausführlichen Gesprächen wird der richtige Weg zum angestrebten Ziel gefunden. Unser Anspruch ist es, die konkrete Umsetzung zu realisieren und ein Team zu formen, das eine erfolgreiche Zukunft im Familienunternehmen gestalten kann. Unternehmensnachfolge oder „Lebenswerk und Unternehmensidentität sichern “ beinhaltet neben einer hohen Komplexität ein hohes Risikopotenzial für den familiengeführten deutschen Mittelstand. Nach aktueller Schätzung des Instituts für Mittelstandsforschung werden bis 2018 135.000 Unternehmen zur Übergabe anstehen, hiervon sind rund 2 Millionen Beschäftigte betroffen, über 50 Prozent davon entfallen auf die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen und betreffen mehrheitlich die produzierende Industrie und den Handel. Allein ab einer Unternehmensgröße von größer 25 Millionen Euro Jahresumsatz stehen bis 2018 jährlich über 400 Nachfolgelösungen an. Gleichzeitig wissen wir, dass rund die Hälfte der Unternehmen nicht in der Lage sein werden, familieninterne Nachfolgelösungen zu generieren. Nach wie vor wird der Prozess oftmals zu spät gestartet sowie die Komplexität und das hohe Risikopotenzial einer anstehenden Nachfolgelösung unterschätzt.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Im eigenen Unternehmen oder in der Öffentlichkeit?
Bei Beiden. Wir sind in Deutschland mit Recht stolz auf den leistungsfähigen Mittelstand. Ihn gilt es zu bewahren. Daher hat es eine volkswirtschaftliche Dimension, wenn Nachfolge-Lösungen fehlen und ein schleichender Ausverkauf im Mittelstand von statten geht. Die Phase der Unternehmensnachfolge ist eine der komplexesten und zugleich kritischsten Situationen im Lebenszyklus eines Familienunternehmens. Facettenreiche betriebswirtschaftliche, rechtliche aber auch psychologische Rahmenbedingungen müssen beachtet werden, um das Unternehmen erfolgreich in die nächste Generation zu übertragen. Oft zögert der Unternehmer den Prozess bis weit über das 60. Lebensjahr hinaus und ist plötzlich nicht mehr in der Lage zu gestalten. Dies stellt heute hervorragend aufgestellte Unternehmen vor große Herausforderungen.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Geschweige denn für Firmen, die nicht so gut performen, oder?
Ja, absolut. An dieser Stelle möchte ich einen Appell an die Unternehmer richten: Echtes Unternehmertum heißt generationsübergreifend zu gestalten und aus dieser Verantwortung heraus auch frühzeitig und eigeninitiativ die Nachfolge als Prozess zu verstehen, der ja meist nicht nur den Eigentumsübergang sondern auch die Regelung der Unternehmensführung betrifft. Gerade dieses letzte große Projekt verdient weit mehr Aufmerksamkeit als wir es im Allgemeinen vorfinden und bedarf einer Begleitung von außen.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie steht es um Ihre aktuellen Projekte?
Als Beiratsvorsitzender und Interim Manager begleite ich ein familiengeführtes Unternehmen beim Generationenwechsel und der strategischen Neuausrichtung, zudem hat uns ein Automobilzulieferer mit der Struktur einer Wachstumsfinanzierung mit Eigenkapitalkomponente beauftragt. Mit zwei weiteren Unternehmern stehen abschließende Verhandlungen für strategische Projekte an.
Das Interview führte Bettina Mayer